„Mama, warum ist der Mann so langsam?“

Gestern bin ich mit Vereinskamerad Werner Klemm im Kottenforst eine lange und harte Strecke im Kottenforst gelaufen. Wir waren 2,5 Stunden unterwegs für einen Rundkurs, der uns von Kessenich hoch auf den Venusberg bis an den Ortsrand von Meckenheim und zurück führte. Das war eine harte Nuss für mich gewesen.

Heute bot sich daher ein lockerer Rekompensationlauf an. Am Freitag hatte mir mein Lauftrainer Takao Mühmel geraten, mich strikt an Pulswerte um 65% meiner maximalen Herzfrequenz zu halten. Da meine Hfmax bei 198 Schlägen liegt, bedeutete das für mich einen Lauf unter 130 Schlägen. Diese niedrigen Werte erreiche ich zwar sonst nicht beim Training, aber heute war ich willens so langsam wie nötig zu laufen.

Meine Teststrecke soll die kleine Brückenrunde sein, die ich sonst in 30 Minuten laufe. So, noch schnell die Zeit genommen und gaaanz langsam geht es los. Einen Fuß mehr schräg neben als vor den anderen gesetzt. Bei dem Tempo müßte ich jetzt bei 120 Schlägen liegen. Verdammt! Die Pulsuhr zeigt 156 an. Das kann doch nicht stimmen! Also ein paar Schritte gehen. Der Puls geht auf 110 zurück. Und wieder laufen. Der Puls springt wieder über 150. Was ist denn los mit mir? Bin ich etwa krank ohne es zu merken. Nun, die ersten Meter ist der Puls immer etwas erhöht, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe. Bei ruhigen Läufen liegt mein Puls sonst um 140. Was tun? Ich gehe erstmal ein paar hundert Meter schnellen Schrittes. Es ist zwar noch hell und viele Menschen sind auf der Rheinpromenade unterwegs, aber dazu bin ich doch Mann genug, obwohl ich selbst die sogenannten „Powerwalker“ gerne insgeheim belächle, wenn sie mir beim Training begegnen. Beim schnellen Gang erreiche ich Werte um 120. Das ist zuviel. Soviel hat Henning Fischer, wenn er mit mir normal trainiert. So langsam komme ich nun aber in Gang und fühle mich besser. Ich wage einen neuen Trippellaufstart. Jawohl, ich könnte bei meinem Tempo zwar auch gehen, aber der Puls liegt bei 130. Na also! Ich werde ein paar Mal überholt und bin selber schnell genug ein paar Spaziergänger einzuholen. Kein entgegenkommender Läufer lacht mich aus. Sie wissen, daß jeder mal klein anfangen muß.

Am Fuß der Kennedybrücke nähere ich mich dann einer jungen Familie. Das Töchterchen sieht mich entgegenkommen und fragt ihre Mutter mit piepsiger Stimme „Mama, warum ist der Mann so langsam“. Die Frau lächelt mich verlegen an, ich grinse zurück. „Weil ich bewußt pulsorientiert trainiere!“ kann ich dem Mädchen nicht mehr antworten, denn nun bin ich trotz meines Schneckentempos schon an der Familie vorbei. Den Brückenaufgang lege ich nochmal gehend zurück. Trotzdem erreiche ich auf der Treppe meine höchsten Werte um 160. Dann geht es im gewohnten Rhythmus weiter.

Ich habe entdeckt, daß ich den Puls unter 130 halten kann, wenn ich den Vortrieb nur durch Abdruck aus dem Fußgelenk gewinne. So trainiere ich nebenbei noch ganz speziell meine Wadenmuskulatur für bessere Sprungkraft.

Als ich meinen Ausgangspunkt am Rhein wieder erreiche sind 58:41 Minuten vergangen. Das ist wenigstens eine Zeit, die ich in den kommenden Tagen und Wochen noch steigern kann!